Ausgabe November 2011

Die Apathie der TINA-Kinder

Warum meine Generation endlich erwachsen werden muss

Wohin man auch schaut, ob in die Vereinigten Staaten, nach Israel oder auch nur in unsere EU-Nachbarländer, überall herrscht das gleiche Bild: Seit Beginn der Finanzkrise sind es gerade die Jungen – Studenten, junge Arbeiter, Angestellte oder Arbeitslose –, die gegen die neoliberale Politik der politischen und wirtschaftlichen Eliten auf die Straße gehen. Anders in Deutschland: Hier ist der Protest, im Gegensatz zu Frankreich, England, Spanien oder Griechenland, vor allem die Sache der Älteren – und nicht der meiner Generation. Selbst am 15. Oktober, dem weltweiten Aktionstag der Occupy-Wall-Street-Bewegung, ist der Funke nicht auf uns übergesprungen.

Wut ist nicht unser Ding. Meine Generation ist in ihrer Grundhaltung gegenüber den großen Themen des Lebens hilflos, überfordert, in Anspruchsdenken gefangen. Und resigniert in einem Maße, das sich durch keine Erfahrung rechtfertigt, die ein durchschnittliches Bürgerkind in Deutschland in den letzten 30 Jahren machen konnte. Doch wer heute Mitte 20 bis Mitte 30 ist, sollte nicht hoffen, dass noch irgendetwas passieren wird, das ihm endlich das Gefühl gibt, ein mündiges Mitglied der Gesellschaft zu sein. Wer in diesem Alter noch darauf wartet, dass sich ein bestimmter „erwachsener“ Gefühlszustand einstellt, am besten mit bestimmten „erwachsenen“ materiellen Umständen einhergehend, der kann lange warten.

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In der März-Ausgabe analysieren Steven Levitsky und Lucan A. Way, wie US-Präsident Trump sich des Staates bemächtigt und das politische System der USA grundlegend umbaut – hin zu einem kompetitiven Autoritarismus. Annika Brockschmidt warnt: Die USA befänden sich inmitten eines Staatsstreichs, ausgeführt von Trump-Berater Elon Musk und einer Schar junger, unerfahrener Privatangestellter. Jürgen Trittin erklärt, warum Appeasement gegen Trump nicht weiterhilft. Eva Senghaas-Knobloch erläutert, warum wir dem „subjektiven Faktor“ im Krieg mehr Beachtung schenken müssen. Naika Foroutan, Harald Bauder und Ratna Omidvar skizzieren fünf Punkte für eine nachhaltige Migrationspolitik, die vorausschauend, verlässlich und sozial ist. Jürgen Scheffran zeigt, wie wir den negativen klimatischen Kipppunkten positive entgegensetzen können. Und Antje Schrupp blickt zurück auf den hiesigen Umgang mit der Coronapandemie und fragt: Was haben wir gelernt?

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