Ausgabe November 2012

Peer Steinbrück und die Nulloption

Kaum war Peer Steinbrück als SPD-Kanzlerkandidat ausgerufen, brach ein Sturm des Jubels in den Medien los: Die deutsche Sozialdemokratie habe endlich einen „Siegertypen“ gefunden („Die Zeit“), denn „Steinbrück kann Wahlkampf“ („Deutschlandfunk“); „das politische Tier Steinbrück“ bedeute „Gefahr für Merkel“, man müsse sich auf einen „Kampf der Giganten“ gefasst machen („Berliner Zeitung“/„Frankfurter Rundschau“).[1]

Leider war der Beginn des Steinbrückschen Wahlkampfs alles andere als gigantisch. Während die Bundeskanzlerin als mutige Retterin Europas selbst vor der Reise nach Griechenland nicht zurückschreckte und ihr Finanzminister erste Erfolge bei der Einführung einer Finanztransaktionssteuer vorweisen konnte, musste der frisch gebackene SPD-Kanzlerkandidat hinsichtlich seiner Honorarverträge für Aufklärung sorgen. Offenbar war Steinbrück nicht annähernd auf das vorbereitet, was im Falle einer Nominierung auf ihn zukommen würde. Sonst hätte er schon am Tage seiner Ernennung eine Liste seiner 80 Vorträge samt ihrer Bezahlung vorgelegt. Dabei hatte er selbst in weiser Voraussicht prophezeit, dass jeder Kandidat von den Medien „an der Wand entlang“ gezogen werden würde.

So aber konnte man erleben, wie schnell mediale Euphorie in Ernüchterung umschlägt. Denn die Realität sieht leider etwas anders aus: Das „politische Tier“ hat bisher keinen einzigen Wahlkampf gewonnen. Und die immense journalistische Begeisterung für Steinbrück rührt in erster Linie aus dem Wissen, dass die anderen beiden Kandidaten der ungeliebten Troika aus je eigenen Gründen deutlich weniger Chancen gehabt hätten.

Peer Steinbrück war zudem der Einzige, der den erforderlichen Willen zur Kandidatur tatsächlich hatte. Auch das aus banalem Grund: Im Gegensatz zu Frank-Walter Steinmeier, 56, und Sigmar Gabriel, 53, ist es für Steinbrück die letzte Chance. Zum Zeitpunkt der Wahl wird der Ex-Finanzminister 66 Jahre alt sein, er hat schlicht nichts mehr zu verlieren.

Den Ausschlag für Steinbrück gaben am Ende also nicht politisch-inhaltliche, sondern allein demoskopische Gründe. Die Frage ist nur, wie und mit welcher Regierung er den von ihm selbst erhobenen Anspruch in die Tat umsetzen will, Schwarz-Gelb nicht nur teilweise, sondern in Gänze zu ersetzen. Bisher jedenfalls verbindet sich mit dem Kandidaten Steinbrück weder eine auch nur einigermaßen realistische Koalitionsoption noch die Aussicht auf einen Politikwechsel.

Alles auf Rot-Grün

Dabei ist die Lage vordergründig völlig klar: Peer Steinbrück setzt alles auf Rot-Grün. Wie ein Mantra wiederholt er: „Die SPD setzt auf Sieg, nicht auf Platz.“ Faktisch spricht aber derzeit sehr wenig für diese Konstellation. Anders als 1998, als ein machthungriger Gerhard Schröder auf einen nach 16 Jahren ermatteten Helmut Kohl und eine des ewigen Kanzlers überdrüssige Republik traf, kann heute von Wechselstimmung keine Rede sein. Knackpunkt des kommenden Jahres ist daher die Frage, ob es Steinbrück gelingt, jene CDU-Strategie der „asymmetrischen Demobilisierung“ (durch Einschläferung) zu verhindern, die im Jahr 2009 Millionen vormaliger SPD-Wählerinnen und -Wähler lieber gleich zuhause blieben ließ. Zweifel daran sind angebracht: Zwar verfügt Steinbrück über die Fähigkeit, zuzuspitzen und zu polarisieren. Die Frage ist nur, ob er damit wirklich gegen die fast schon präsidial regierende Angela Merkel punkten kann.

Zu Recht kritisiert Steinbrück, etwa bei seinem ersten Schlagabtausch mit der Kanzlerin nach seiner Nominierung, dass das heutige Europa keine Faszination auf die junge Generation ausübt. Warum aber sollte es gerade ihm, dem Mann der Exekutive, gelingen, eine inspirierende neue Erzählung oder gar eine Vision Europas zu entwerfen? Warum sollten sich die Bürgerinnen und Bürger von einem eher unterkühlten Technokraten für die Europäische Union begeistern lassen, derweil die stärkste Frau Europas offenbar das ihnen Wichtigste zu garantieren scheint, nämlich einigermaßen ungeschoren aus der reichlich verfahrenen Sache herauszukommen?

Auch das einstige rot-grüne Vorzeigeprojekt der Energiewende, inzwischen eher eine Bauruine, schreit förmlich nach einer großen politischen Begründung, um nicht in den Mühlen der EEG-Zulage, zwischen Euro und Cent, zerrieben zu werden. Aber wer wollte annehmen, dass der einstige Grünenschreck Peer Steinbrück in die erforderliche zivilisatorische Wende und den Ausstieg aus dem Menschheitsrisiko Atomkraft besonders viel Herzblut investieren wollte? Deswegen lässt er lieber gleich die Hände davon und den Grünen das Thema.

Stattdessen hat Steinbrück bereits angekündigt, dass er die „Bändigung der Finanzmärkte“, die zunehmende „Drift in der Gesellschaft“ und den Kampf für ein „neues soziales Gleichgewicht in Deutschland“ zu den zentralen Themen des Wahlkampfs machen will. Doch auch hier muss Steinbrück gegen eine mächtige Hypothek aus seiner eigenen Vergangenheit ankämpfen. Die Frage ist, ob es ihm – als einstigem Finanzmarkt-Deregulierer und Agenda-Verfechter – gelingen kann, diese originär linken Themen glaubhaft zu vertreten.

Kandidat ohne Fußtruppen

Viel spricht dagegen und wenig daher dafür, dass der SPD mit dem Kandidaten Steinbrück jetzt das gelingt, was ihr vor vier Jahren mit Steinmeier völlig misslang – nämlich die Mobilisierung der eigenen Wählerschaft. Tatsächlich dürfte Steinbrück große Schwierigkeiten haben, die eigene Partei auf die Straße zu bringen. Seine hohen Vortragsgagen, selbst wenn sie rechtlich nicht zu beanstanden sind, könnten hier eine fatale politische Wirkung entfalten. Denn gerade mit Blick auf die eigenen Reihen hat Steinbrück viel Porzellan zerschlagen. Bis heute steht er fast ohne jede Abstriche zur Agenda 2010. Und mit seiner Forderung nach „Beinfreiheit“ für sich und der Berufung auf den Wahlkämpfer Gerhard Schröder hat er eindeutig klar gemacht, wer – neben Helmut Schmidt – sein eigentliches Vorbild ist.

Immerhin macht Steinbrück der Partei inzwischen auch einzelne Zugeständnisse, etwa wenn er eingesteht: „Wir müssen auch Wähler zurückgewinnen, die sich wegen mir von der SPD abgewandt haben.“ Fraglich ist jedoch, ob er diese Haltung auch in der anstehenden Debatte um das zukünftige Rentenniveau zum Ausdruck bringen wird. Bisher hat er sich einer (zumindest teilweisen) Rücknahme der beschlossenen Absenkung auf 43 Prozent ziemlich rigoros verweigert.

Zum eigentlichen Schwur der SPD auf ihren Kandidaten wird es daher erst auf dem Wahlparteitag am 9. Dezember in Hannover kommen. Dann muss sich zeigen, ob es Steinbrück tatsächlich gelingen kann, die Basis der SPD zu mobilisieren.

Wen Steinbrück dagegen mit Sicherheit mobilisiert, ist der politische Gegner. Schon jetzt reiben sich die Anhänger der Linkspartei die Hände.[2] Und das zu Recht: Für sie ist der Ex-Finanzminister ein doppelter Glücksfall. Schließlich will er den Wahlkampf mit originären Themen der Linken bestreiten und gleichzeitig Wähler in der Mitte gewinnen. Dieser Spagat – und Steinbrücks fehlende Authentizität bei linken Themen – verschafft der Linkspartei eine Menge Platz links von der SPD. Ihrem Einzug in den Bundestag sollte damit eigentlich nichts mehr im Wege stehen. Das Gleiche dürfte für die FDP gelten: Angesichts der Tatsache, dass sich Union und SPD, aber auch die Grünen, einen erbitterten Wahlkampf in der Mitte des Parteienspektrums liefern werden, bleibt für die FDP mit ihrem klassischen Steuersenkungsthema viel Platz rechts von der Union. Ziehen jedoch Linkspartei und FDP in den neuen Bundestag ein, werden die Aussichten auf eine rot-grüne Regierung immer kleiner – ganz zu schweigen davon, dass es mit den Piraten erstmals zu einem 7-Parteien-Parlament (inklusive CSU) kommen könnte (wenn auch angesichts des freibeuterischen Dillettantismus zunehmend weniger dafür spricht).

Welche Chancen aber bleiben dann für eine Kanzlerschaft Peer Steinbrücks? Offenbar ziemlich geringe. Steinbrück hat daher, quasi vorsorglich, bereits eine Ampel-Koalition in Betracht gezogen – so es zu einer Ablösung des unglücklichen Philipp Rösler und zu einer Änderung des FDP-Kurses kommt. In Anbetracht des von Steinbrück eigentlich propagierten Politikwechsels zeigt sich jedoch die ganze Absurdität dieser Koalitionsspielerei: Wer wollte annehmen, dass eine neue FDP-Führung unter Brüderle, Lindner und Kubicki einen echten Kurswechsel bedeuten könnte, der gar jenem Anspruch einer neuen Karl-Hermann-Flach-FDP gerecht wird, wie ihn Peer Steinbrück als Koalitionsvoraussetzung formuliert hat? Schon da sich die FDP im Wahlkampf eher nach rechts orientieren dürfte, wird von einer politikfähigen Ampel nicht die Rede sein können. Sollten also nicht doch Union und Grüne in einer Koalition der „neuen Bürgerlichkeit“ zusammenkommen, wofür neben den wahrscheinlichen Mehrheitsverhältnissen auch die neue Schnittmenge namens Energiewende spricht, dürfte am Ende wieder nur eines bleiben, nämlich die Große Koalition.

Steinbrück in der Alles-oder-Nichts-Falle

Sollte sich dies bereits frühzeitig abzeichnen, wäre dies allerdings hoch problematisch für die SPD. Denn Peer Steinbrück hat schon 2011 (und seither immer wieder) verkündet, dass er für einen Platz in einer Regierung Merkel nicht zur Verfügung steht: „Bevor ich in das Kabinett von Frau Merkel eintreten würde, wäre ich lieber Finanzminister in Griechenland.“[3]

Damit hat Steinbrück immens hoch gepokert. „Alles oder nichts“ – „Kanzler oder Rentner“ – „Mich oder Merkel“ heißt seine Wette mit dem deutschen Volk. Auf diese Weise hat er sich – und die ganze SPD – in eine fatale Lage manövriert, nämlich in einen direkten, fast nicht gewinnbaren Zweikampf mit Angela Merkel um die Zustimmung der Bevölkerung.

Zum Einen ist das Ansehen Angela Merkels weiterhin ungeschmälert; laut Umfragen ziehen selbst 25 Prozent der SPD-Wählerinnen und -Wähler Angela Merkel ihrem Kandidaten vor (vom großen Zuspruch für Merkel speziell bei den Wählerinnen ganz zu schweigen).[4]Zum Anderen hat Steinbrück damit sein vielleicht wichtigstes Pfund leichtfertig aufs Spiel gesetzt. Denn wenn er im Gedächtnis der Deutschen positiv verankert ist, dann als vermeintlicher Finanzkrisenmanager und Garant der Sparguthaben – und damit gerade als der ideale zweite Mann neben Angela Merkel.

Steinbrück dürfte seinen größten Fehler daher schon in dem Augenblick begangen haben, als er – um besondere Entschlossenheit zu demonstrieren – jede andere Position als die des Kanzlers für sich ausschloss. Aus umjubelter Kampfstimmung dürfte ganz schnell Katerstimmung werden, wenn Steinbrück nicht in die Nähe der Kanzlerin gerät. Sollte sich der Vorsprung von Angela Merkel nicht bald sichtbar verringern – und derzeit liegt die Union weiter immense rund acht Prozent vor der SPD –, dann könnte der Anspruch auf die Kanzlerschaft ganz schnell zu einer Nulloption schrumpfen.

Liefe nämlich tatsächlich alles auf eine große Koalition zu, dann hieße der eigentliche Kandidat für die Vize-Kanzlerschaft plötzlich nicht mehr Peer Steinbrück, sondern Frank-Walter Steinmeier. Wo Steinbrück drauf stünde, wäre plötzlich Steinmeier drin. Sprich: Wer Steinbrück wählt, bekommt Steinmeier geliefert. Unter der Hand würde Frank-Walter Steinmeier zum eigentlichen Kanzlerkandidaten. Keine berückende Aussicht, denn was der Wähler von einem Kandidaten Steinmeier hält, hat er bereits 2009 zum Ausdruck gebracht – mit seinen 23 Prozent, dem schlechtesten je von der SPD erzielten Ergebnis. Dieses Szenario bedeutet die vielleicht schwerste Hypothek für die kommende Wahl. Bereits bei der Kandidatenvorstellung fand Frank-Walter Steinmeier bemerkenswerte Worte: „Lieber Peer, ich verspreche Dir: Ich werde mich in diesem Wahlkampf so engagieren, als wäre es mein eigener.“ Diese Worte könnten sich schneller als prophetisch erweisen, als es der SPD lieb ist. Denn fest steht auch: Steinbrück kann – schon aus Gründen der Glaubwürdigkeit – nicht mehr von seinem „Alles oder Nichts“ zurück. Andernfalls wäre seine Pose unbedingten Siegeswillens zerstört.

Es gibt eine Alternative

Sollte sich also letztlich nur der Wahlkampf von 2009 wiederholen? Gewiss, Zyniker stehen ohnehin längst auf dem Standpunkt, dass ihnen ganz egal ist, welcher SPD-Politiker dieses Mal nicht Kanzler werden wird. Das aber ist und bleibt eine regelrecht absurde Situation. Denn mit Ausnahme der Momentaufnahme von 2009 verfügen die sogenannten bürgerlichen Parteien, Union und FDP, seit 1998 über keine eigene Mehrheit mehr. Und in der Tat gab es wohl nie zuvor eine schwächere Regierungskoalition als diese: mit einer CSU, die alle Kräfte auf Bayern konzentriert und dafür bereits präventiv ihre ohnehin nicht besonders starke Verbraucherministerin aus Berlin abzieht, und einer FDP, deren Noch-Vorsitzender sich fast schon kindisch renitent verhält, um bloß irgendwie aufzufallen. Und selbst die vermeintliche Überkanzlerin entpuppt sich bei genauerem Hinsehen als bloße Scheinriesin. Denn Angela Merkel ist stets nur so stark, wie ihre Opposition schwach ist – und das nun schon seit Jahren. Und dennoch spricht, trotz dieser eigentlich glänzenden Ausgangslage für die Opposition, nichts für eine wirkliche Alternative. Aus einem banalen Grund: weil sich die SPD einer linken Koalition auf breiter Basis, unter Zusammenarbeit mit der Linkspartei, seit Jahren verweigert.

Dabei hätte der Kandidat Peer Steinbrück, so Rot-Grün tatsächlich ohne Chancen bleibt, nur eine einzige reelle Option für eine Kanzlerschaft, die den von ihm propagierten Politikwechsel wie die rückstandslose Ablösung von Schwarz-Gelb ermöglicht – nämlich die Dreier-Koalition aus SPD, Grünen und Linkspartei. Hätte Peer Steinbrück, das angebliche „politische Tier“, tatsächlich den behaupteten Machtwillen, müsste er, allen bekannten Unzulänglichkeiten der Linkspartei zum Trotz, diese Koalition zumindest in Erwägung ziehen. Dafür spricht auch, dass Steinbrück als in hohem Maße bürgerlicher Kandidat, dem in weiten Kreisen der Bevölkerung Wirtschaftskompetenz zugebilligt wird, tatsächlich am ehesten in der Lage wäre, diesen mutigen Schritt zu gehen. Gerade ein rechter Sozialdemokrat wie Steinbrück könnte – rein theoretisch – den erforderlichen Politik- und Paradigmenwechsel besonders überzeugend ausmalen, so er denn wollte.

Kein Wandel durch Annäherung: Die Selbstlähmung der Linken

Dafür aber reicht der behauptete Wille zu einer neuen Politik offenbar nicht aus. Umgehend nach der Nominierung Peer Steinbrücks hat die SPD-Führung Rot-Rot-Grün ausgeschlossen. Das aber zeigt das ganze Elend der SPD seit Beginn der Schröder-Ära – und das der bundesdeutschen Linken insgesamt. Zur Erinnerung: Vor 40 Jahren, am 19. November 1972, erzielte die deutsche Sozialdemokratie mit 45,9 Prozent der Stimmen für Willy Brandt das beste Ergebnis ihrer Bundestagsgeschichte. Verglichen damit ist die SPD heute nur noch ein Schatten ihrer selbst. Und zwar nicht nur aufgrund der fehlenden klar konturierten politischen Inhalte, sondern auch angesichts der fehlenden strategischen Alternativen.

Letztlich geht es damit um die Frage, ob es zukünftig bei einer Wahl endlich wieder inhaltlich um etwas gehen wird – oder ob wir es weiter bloß mit verschiedenen Formen der Alternativlosigkeit zu tun haben werden. Was die SPD daher heute dringender braucht denn je, ist eine Form der Revitalisierung im Brandtschen Sinne. Gerade in Anbetracht des 150. Parteigeburtstags im kommenden Jahr sind Parteiführer gefragt, die in der Lage sind, die Mitglieder wieder emotional und intellektuell für die große Sache der Sozialdemokratie, den Kampf für mehr soziale Gerechtigkeit und internationale Solidarität, zu begeistern.

Vor diesem Hintergrund ist es von besonderer Ironie, dass wir es nun schon zum dritten Mal nacheinander mit dem Gegenteil zu tun bekommen, nämlich mit einem dezidiert pragmatischen Macher vom Schlage Helmut Schmidts, wenn auch in deutlich geschrumpftem Format. Schon der Menschenfischer Johannes Rau soll die Entscheidung Gerhard Schröders im Jahr 2002 zugunsten Peer Steinbrücks als Nachfolger für Wolfgang Clement in Nordrhein-Westfalen mit den Worten kommentiert haben: „Wer so alles Ministerpräsident werden kann …“[5] Was würde er wohl heute erst zu einem SPD-Kanzlerkandidaten Steinbrück sagen?

Doch während SPD-Vordenker wie Erhard Eppler ihren Blick bereits auf die Wahl 2017 richten,[6] sollte man Peer Steinbrück zumindest eine kleine Chance einräumen; vielleicht wächst er ja doch im nächsten Jahr über sich hinaus, visionär-inhaltlich wie strategisch. In den nächsten Monaten muss sich jedenfalls zeigen, ob wir es doch noch mit einem echten Wahlkampf zu tun bekommen oder bloß mit dessen Simulation – als Neuauflage von 2009.[7]

 

[1] Mattias Geis, Hilfe, ein Siegertyp, in: „Die Zeit“, 4.10.2012; Frank Capellan, Das Troika-Schauspiel um die K-Frage, in: „Deutschlandfunk“, 28.9.2012; Brigitte Fehrle, Gefahr für Merkel, in: „Frankfurter Rundschau“ (FR) und „Berliner Zeitung“, 29./30.9.2012.

[2] Vgl. etwa Wolfgang Hübner, Breite Angriffsflächen, in: „Neues Deutschland“, 6./7.10.2012.

[3] Vgl. „Stern“, 7.7.2011.

[4] Vgl. „Stern“, 27.9.2012.

[5] Daniel Friedrich Sturm, Schröder wollte Steinbrück in NRW – Bitte, wen? In: „Die Welt“, 14.5.2012.

[6] Siehe das Interview mit Eppler in: „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“, 15.10.2012.

[7] Vgl. Albrecht von Lucke, Wahl ohne Wahl: Das Dilemma der SPD, in: „Blätter“, 3/2009, S. 5-8.

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